Nichtamtlicher Leitsatz
1. Ein amerikanischer Staatsbürger wird nach deutschem Recht beerbt, wenn er sein nach US-amerikanischem Recht zu ermittelndes Domizil (domicile) in Deutschland hat.
2. Ein Testament, das der amerikanische Erblasser an seinem Todestag nur unterschrieben, nicht aber handschriftlich abgefaßt hatte, ist weder nach deutschem noch nach dem Recht von North-Carolina wirksam, wenn die das Testament mitzeichnenden Zeugen bei der Unterschrift des Erblassers nicht persönlich anwesend waren.
3. Auch wenn der amerikanische Staatsbürger kurz vor seinem Tode mit dem Gedanken spielt, sein Domizil in die Vereinigten Staaten zurückzuverlegen und er kurz vor seinem Tode einen längeren Besuch in den vereinigten Staaten gemacht hat, spricht dies nicht für die Aufgabe des deutschen Domizils.
4. Gehören zum Nachlaß Bankguthaben, muß eine Schenkung der Guthaben bei dem Tode des Erblassers bereits vollzogen sein.
Sachverhalt:
Der Erblasser war in Deutschland verstorben und besaß die US-amerikanische Staatsangehörigkeit. Wenige Monate vor seinem Tode besuchte er seine Bekannte, die Beklagte, und deren Ehemann in North-Carolina, kehrte aber wieder nach Deutschland zurück. Kurz vor seinem Tode hatte er seine Mietwohnung in Berlin mit der Bemerkung gekündigt, er wolle in die Vereinigten Staaten zurückziehen, und war zu seiner Bekannten gezogen, die er an seinem Todestag testamentarisch bedachte. Das Testament faßte der Erblasser nicht handschriftlich ab, sondern unterschrieb die vorbereitete Erklärung in Abwesenheit der später mitzeichnenden Zeugen. An seinem Todestag unterschrieb der Erblasser zudem eine Erklärung, mit der er seine amerikanische Bank ersuchte, die Beklagte als Mitberechtigte in die bestehende Kontobeziehung aufzunehmen. Diese Erklärung ging der Bank erst nach dem Tode des Erblassers zu. Gleichwohl entnahm die Beklagte aus den Konten des Erblassers ca. 80.000,– DM in US-amerikanischer Währung. Der Kläger begehrte den Erlaß eines Arrestes wegen der bestehenden Rückzahlungsansprüche. Das Landgericht gab dem Antrag nach mündlicher Verhandlung statt. Das Kammergericht bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie richtet sich – nachdem der Verfügungs- und Arrestkläger den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung in der mündlichen Verhandlung am 26. März 1999 zurückgenommen hat – nur noch gegen den in dem angegriffenen Urteil – wegen eines Zahlungsanspruchs des Arrestklägers in Höhe von 45.000 US-Dollar in das Vermögen der Arrestbeklagten – angeordneten Arrest, hat insoweit jedoch keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht die vom Arrestkläger beantragte Maßnahme angeordnet, weil dieser ausreichend glaubhaft gemacht hat, daß ihm – als (Allein-) Erbe seines am 3. Juni 1997 verstorbenen Vaters, K.G.B., gegenüber der Arrestbeklagten ein Herausangabeanspruch gemäß §§ 2018, 2021, 818 Abs. 2 BGB zusteht und die Arrestanordnung zur Sicherung dieses Anspruchs erforderlich ist (§§ 916, 917 ZPO).
Dabei geht das Landgericht zutreffend davon aus, daß sich die Frage, wer Erbe von K.G.B. (= Erblasser) geworden ist, nach deutschem Recht beurteilt, weil das Recht der Vereinigten Staaten, denen der Erblasser als US-Staatsangehöriger angehörte – jedenfalls soweit es um den beweglichen Nachlaß ( – sogenannte movables -) geht – eine Rückverweisung auf das Recht des – letzten – Domizils des Erblassers (- sein “home”-) enthält (Artikel 25 EGBGB in Verbindung mit Artikel 4 Abs. 1 Satz 2 EGBGB) und dieses – wie das Landgericht zutreffend unter Hinweis auf die Ausführungen bei Ferid-Firsching, Internationales Erbrecht, Bd. VI, US-Grundzüge, C II Rdnrn. 42 ff ausführt, unter Berücksichtigung der an die Aufgabe eines alten Domizils und die Begründung eines neuen Domizils zu stellenden Anforderungen – hier noch in Deutschland lag, wo der Erblasser seit 1975 sesshaft war und auch noch bis zu seinem Tode eine Wohnung unterhielt und über Eigentum und nicht unerhebliche Vermögenswerte verfügte. Die von der Arrestbeklagten im Berufungsverfahren vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen belegen demgegenüber nicht, daß der Erblasser – und zwar entgegen der im Wohnungs-Kündigungsschreiben vom 28. Mai 1997 manifestierten Absicht, erst innerhalb der nächsten drei Monate in sein Heimatland zurückziehen zu wollen – tatsächlich zu diesem Zeitpunkt sein neues Domizil bereits in North Carolina begründet hatte. Dies ergibt sich schon daraus, daß die Zeugenaussagen sich teilweise auf länger zurückliegende Geschehnisse und Ereignisse beziehen, im übrigen aber auch keine Bestätigungen konkreter Tatsachen, die eine endgültige Wohnsitzverlegung belegen, enthalten, sondern lediglich persönliche Einschätzungen der Zeugen über die jeweilige Stimmungslage von K.G.B. wiedergeben. Von entscheidender Bedeutung ist zudem, daß – unstreitig – der Erblasser seit langer Zeit schwer krebskrank war, was -ebenfalls unstreitig- noch von Anfang Januar bis Mitte Februar 1997 einen mehrwöchigen und erneut kurz vor seinem Tode einen mehrtägigen Krankenhausaufenthalt in Berlin bedingte. Auch von daher erscheint es wenig glaubhaft, daß der Erblasser – der sich offensichtlich im April 1997 im Endstadium seines Krebsleidens befand – zu diesen Zeitpunkt (noch) Maßnahmen für seine endgültige Übersiedlung in sein Heimatland getroffen haben soll.
Letztlich kann aber auch dahinstehen, ob sich die Erbfrage nach deutschem oder nach US-Recht richtet. Denn nach beiden Rechtsordnungen ist davon auszugehen, daß der Arrestkläger als Sohn des Verstorbenen (= Abkömmling) dessen gesetzlicher Erbe geworden ist (-vgl. § 1924 BGB bzw. zur gesetzlichen Erbfolge nach US-Recht: Ferid-Firsching, a. a. O., Grundzüge E II. Rdzn. 97 ff -), weil die Arrestbeklagte ihrerseits – ebenfalls nach beiden Rechtsordnungen – (gewillkürte) Erbin nur durch wirksame testamentarische Anordnung geworden sein könnte. Das Testament vom 3. Juni 1997 ist jedoch nach beiden Rechtsordnungen unwirksam. – Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, genügt das Testament weder dem Formerfordernis von § 2247 BGB oder von § 2250 BGB, noch genügt es den Anforderungen an ein nach US-Recht mögliches 2- bzw. 3-Zeugen-Testament; weil – vorauf auch schon das Amtsgericht Neukölln als Nachlaßgericht die Arrestbeklagte mit Schreiben vom 15. April 1998 in Verfahren 62 IV 216/97 ausdrücklich hingewiesen hat – auch nach amerikanischem Recht Zeuge nur sein kann, wer bei der Testamentserrichtung und der Testamentsunterzeichnung (- als dem zu bezeugenden Vorgang -) tatsächlich auch zugegen ist (vgl. Ferid-Fisching, a. a. O., Grundzüge, F II, Rdzn. 150 ff), vorliegend jedoch im Zuge der Ermittlungen durch das Nachlaßgericht – im Verfahren 62 VI 595/97 AG Neukölln – festgestellt wurde, daß die angeblichen Zeugen von der Arrestbeklagten erst nach dem Tode des Erblassers hinzugezogen wurden, d. h. ihrerseits erst nachträglich das ihnen als Testament vorgelegte Schriftstück aus Gefälligkeit gegenüber der Arrestbeklagten unterzeichnet haben. Entsprechend kann dem Testament auch als ein dem deutschen Nottestament vergleichbares mündliches Testament (sogenanntes nuncupatives Testament, vgl. Ferid-Fisching, a. a. O., Grundzüge F II Rdz. 158) keine Wirkung zukommen.
Soweit somit dem Arrestkläger als Erben ein Herausgabe- bzw. Wertersatzanspruch zusteht, erfaßt dieser auch das hier streitgegenständliche Kontoguthaben des Erblassers bei der Service Federal Credit Union. Mit Recht geht das Landgericht davon aus, daß der Arrestkläger durch Vorlage des auf Namen und Anschrift des Erblassers lautenden Kontoauszugs für den Zeitraum vom 1. bis 30. Juni 1997 glaubhaft gemacht hat, daß auch die unter dem 4. Juni transferierten drei Beträge von jeweils 15.000 US-Dollar in den Nachlaß gefallen sind, denn nach dem Kontoauszug befand sich am Todestag des Erblassers, dem 3. Juni 1997, noch ein Guthaben von insgesamt 49.447,72 US-Dollar auf dem Konto.
Soweit die Arrestbeklagte geltend macht, der Erblasser habe die entsprechenden Beträge noch vor seinem Tode, am 3. Juni 1997, ihren drei Kindern geschenkt – und hierzu auf eine entsprechende ihr als Personensorgeberechtigte gegenüber abgegebene Schenkungserklärung, den noch am 3. Juni 1997 durch den Erblasser unterzeichneten und an den Boten ausgehändigten Antrag auf Eröffnung eines gemeinsamen Kontos sowie die ihr gegenüber erteilte Anweisung, von diesem gemeinsamen Konto entsprechende Überweisungen auf die Sparkonten der Kinder vorzunehmen, verweist – vermag dies den glaubhaft gemachten Anspruch des Arrestklägers nicht zu erschüttern. Denn die Schenkung wäre sowohl nach deutschem Recht als auch bei Anwendung von US-Recht unwirksam.
Für eine – wirksame – Schenkung von Todes wegen wäre – da sie vorliegend der notariellen Vereinbarung entbehrt – Vorraussetzung, daß die Schenkung noch zu Lebzeiten des Erblassers, also am 3. Juni 1997, vollzogen war (§§ 2301 Abs. 2, 518 BGB), d. h. die Kinder (bzw. die Arrestbeklagte als deren Vertreterin) noch zu Lebzeiten des Erblassers auch Inhaber der jeweiligen Forderung in Höhe von 15.000 US-Dollar gegenüber der Service Federal Credit Union Bank geworden sind (BGH FamRZ 83, 475, 477 = NJW 83, 1487, 1489). Das war jedoch durch die vom Erblasser am 3. Juni 1997 unmittelbar vor seinem Tode getroffenen Maßnahmen nicht der Fall, insbesondere haben sich hierdurch keine Änderungen in der rechtlichen Zuordnung seines Kontoguthabens bei der Service Federal Credit Union Bank ergeben. Denn da der Erblasser zunächst als alleiniger Kontoinhaber auch einziger Verfügungsberechtigter war, bedurfte es, um ein eigenes Forderungsrecht der Arrestbeklagten – sei es für sich selbst, sei es als Personensorgeberechtigte ihrer Kinder – am Kontoguthaben zu begründen, zunächst einer Kontenumstellung durch entsprechende Änderung des zwischen dem Erblassers und der Service Federal Credit Union Bank bestehenden Kontenvertrages. Zu einer wirksamen Vertragsänderung genügte allerdings die bloße Abgabe der auf entsprechende Vertragsänderung gerichteten Willenserklärung des Erblassers (-Unterzeichnung der Membership Application -) nicht; insoweit hätte es vielmehr (neben der – ggf. stillschweigenden – nachfolgenden Annahme, § 151 BGB) des (vorherigen) Zugangs des Anänderungsantrages bei der Service Federal Credit Union Bank bedurft (§ 130 Abs. 1 Satz 1 BGB), welcher indes – wie die Arrestbeklagte selbst vorgetragen hat – erst am 4. Juni 1997 erfolgt ist. Da somit das Kontenguthaben zum Zeitpunkt des Todes nach wie vor in vollem Umfang dem Erblasser zustand, ist es – auch in Höhe der streitgegenständlichen insgesamt 45.000 US-Dollar – mit dem Erbfall auf dessen Erben übergegangen (§ 1922 Abs. 1 BGB).
Nichts anderes gilt bei Zugrundelegung von US-Recht. Auch hiernach müssen Schenkungen noch zu Lebzeiten des Erblassers “erfüllt” sein, wobei die Schenkung einer Forderung erst dann als vollzogen gilt, wenn der Schuldner von der vollzogenen Abtretung benachrichtigt ist (vgl. Ferid-Fisching, a. a. O., Grundzüge F I Rdz. 125). Die von der Arrestbeklagten in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Bankunterlagen führen zu keiner anderen Bewertung. Dies ergibt sich schon daraus, daß ihre Anwendung erst ab wirksamer Umstellung des zunächst in Alleininhaberschaft geführten Kontos in ein gemeinsames Konto in Betracht kommt, was aber nach dem eigenen Vorbringen der Arrestbeklagten erst am 4. Juni – mit “Eröffnung” des gemeinsamen Kontos der Fall war.
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