Von Rechtsanwaältin Judith Held / Rechtsanwältin Jacqueline Stieglmeier
I. Einleitung
Durch das Gesetz zur Umsetzung der EU-Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung vom 20.09.2013 (BGBl. I 2013, S. 3642-3670) haben das Fernabsatzrecht und das Recht der Haustürgeschäfte, die nun „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge” (AGV) heißen, umfassende Neuregelungen erfahren, die am 13.06.2014 in Kraft getreten sind. Daneben haben die Umsetzung der der E-Commerce-Richtlinie und der Fernabsatzfinanzdienstleidungsrichtlinie Einzug ins BGB gehalten. Die §§ 312 ff. BGB mussten dabei völlig neu geordnet werden.
Ziel der Regelungen ist es, den Verbraucherschutz zu erhöhen und das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarktes zu fördern.
Beachtlich sind insbesondere die umfangreiche Regelung des Anwendungsbereichs und die Festlegung allgemeiner Grundsätze für Verbraucherverträge sowie die Neuregelung des Widerrufsrechts.
II. Verbraucherverträge und Anwendungsbereich
Die Verbraucherverträge umfassen Verträge zwischen Verbrauchern und Unternehmern.
Die Definition des Verbrauchers (§ 13 BGB) wurde entsprechend der bislang herrschenden Auffassung zum sogenannten „dual use” in Deutschland durch das Wort „überwiegend” ergänzt. Verbraucher sind demnach alle natürlichen Personen, die ein Geschäft überwiegend nicht zu einem gewerblichen Zweck abschließen, sondern überwiegend zu einem privaten Zweck.
Als Unternehmer (§ 14 BGB) gelten Personen oder Gesellschaften, die ein Geschäft gerade vor dem Hintergrund ihrer unternehmerisch, gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit abschließen.
Gemäß § 312 Abs. 1 BGB n.F. finden die Vorschriften der §§ 312 – 312 h BGB n.F. nur auf solche Verträge zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer Anwendung, die eine entgeltliche Leistung des Unternehers zum Gegenstand haben. Erfasst sind damit vor allem gegenseitige Verträge über den Vertrieb von Waren oder Dienstleistungen (auf der einen Seite) gegen ein Entgelt (auf der anderen Seite).
§ 312 BGB n.F. regelt ferner einen gestaffelter Anwendungsbereich mit Bereichsausnahmen (Abs. 2 Nr. 2 – 13). Ausgenommen sind beispielsweise notariell beurkundete Verträge, Verträge über die Beförderung von Personen, Verträge über die Lieferung von Lebensmitteln u.a., auf die lediglich die Vorschriften über die Informationspflichten und Entgeltvereinbarungen Anwendung finden, vgl. § 312 a BGB n.F. Vorsicht ist geboten, da sich die Ausnahme zum Teil nur auf AGV oder nur auf Fernabsatzverträge beziehen.
Die Verbraucherrichtlinie regelt nicht die Finanzdienstleistungen. Deshalb gelten für diese die Vorschriften der Fernabsatzfinanzdienstleistungsrichtlinie, deren Umsetzung sich in § 312 d Abs. 2 und 312 Abs. 5 BGB n.F. wiederfindet.
III. Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge und Fernabsatzverträge
Die Vorschriften zu den AGV und den Fernabsatzverträge finden sich in den §§ 312 b – 312 h BGB n.F.
Mit der Einführung des Begriffs der „außerhalb von Geschäftsräume geschlossenen Verträge” (AGV) wurde der Begriff des „Haustürgeschäfts” (§ 312 Abs. 1 BGB a.F.) aufgegeben. § 312 b BGB n.F. definiert nun den „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag”.
Es werden nicht mehr die Orte, die vom Anwendungsbereich erfasst sind, aufgezählt, sondern es ist jeder Ort umfasst, der nicht Geschäftsraum des Unternehmers ist, vgl. § 312 b Abs. 2 n.F. Auf die nach früherem Recht erforderliche Bestimmung einer Privatwohnung usw. kommt es nicht mehr an. Nach wie vor für die Abgrenzung ist jedoch maßgeblich, ob der Verbraucher mit dem Auftreten des Unternehmers rechnen musste oder ob er ihm in einer sogenannten Überrumpelungssituation gegenübersteht. Erweitert wurde der Anwendungsbereich dahingehend, dass nunmehr auch Verträge erfasst sind, die vom Verbraucher selbst angebahnt wurden. Außerdem wurde klargestellt, dass die Vorschriften auch auf Ausflugsfahrten, und damit insbesondere die sogenannten Kaffeefahrten, Anwendung finden. Dem Veranstalter sollen Mittel und Wege abgeschnitten sein, sich dem Verbraucherschutz zu entziehen.
§ 312 c BGB n.F. definiert den Fernabsatzvertrag. Diese Definition ist letztlich unverändert geblieben. Unter den Fernabsatzvertrag fallen Verträge über Waren und Dienstleistungen, die unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln wie Briefe, Telefonate, E-Mails u.a. zustande gekommen sind. Entscheidend ist also allein die Art und Weise des Vertragsschlusses, nicht der Inhalt des Vertrages.
IV. Widerrufsrecht und Widerrufsfolgen
§ 312 g BGB n.F. in Verbindung mit § 355 BGB n.F. räumt dem Verbraucher sowohl bei AGV als auch bei Fernabsatzverträge grundsätzlich ein 14-tägiges Widerrufsrecht ein.
Der Widerruf muss nicht mehr in Textform, sondern kann neuerdings in beliebiger Form, vgl. § 355 Abs. 1 BGB n.F., erklärt werden.
Der Beginn der Widerrufsfrist richtet sich – eine ordnungsgemäße Belehrung vorausgesetzt (s.u.) – grundsätzlich nach dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses, vgl. § 355 Abs. 2 BGB n.F., im Fall von AGV oder Fernabsatzverträgen über Waren i.d.R. nach dem Zeitpunkt des Erhalts der Ware, vgl. § 356 Abs. 2 BGB n.F.
Übrigens findet sich eine Definition des Begriffs Ware neuerdings in § 241 a BGB.
Das Rückgaberecht, das nach altem Recht alternativ zum Widerrufsrecht vereinbart werden konnte, war nicht EU-richtlinienkonform und musste aufgegeben werden.
Des Weiteren wurde der Ausnahmenkatalog, d.h. der Katalog der Verträge, bei denen kein gesetzliches Widerrufsrecht eingeräumt wird, etwas ausgeweitet, und zwar zum größten Teil entsprechend der vom EuGH und vom BGH entwickelten Rechtsprechung. Kein Widerrufsrecht wird beispielsweise eingeräumt bei Verträgen mit Kundenspezifikation, sprich Maßanfertigungen, Verträgen über verderbliche Waren, Beherbergungsverträgen oder auch Verträgen, die im Rahmen von Versteigerungen abgeschlossen werden. (Bei Verträgen, die über die Internetplattform ebay o.Ä. abgeschlossen werden, greift die Ausnahme nicht. Es handelt sich nicht um eine Versteigerung im gesetzlichen Sinne. Die Vorschriften über Verbraucherverträge, das Widerrufsrecht eingeschlossen, finden Anwendung, sofern der Vertrag mit einem Unternehmer und nicht mit einer anderen Privatperson abgeschlossen wurde.)
Die Verbraucherrichtlinie hat für die Ausübung des Widerrufsrechts und deren Rechtsfolgen detaillierte Vorgaben gemacht. Die wohl wichtigste Neuregelung für die Praxis ist, dass der Verbraucher in der Regel unabhängig vom Warenwert die Kosten der Rücksendung zu tragen hat. Beachtlich ist auch, dass nicht jeder Informationsfehler den Beginn der Widerrufsfrist hinausschiebt, sondern nur ein solcher, der gerade das Widerrufsrecht betrifft, vgl. § 356 Abs. 2 BGB nF. Außerdem kann ein Belehrungsfehler nicht mehr zu einem uneingeschränkten Widerrufsrecht führen. Gem. § 356 Abs. 3 S. 2 BGB n.F. erlischt das Widerrufsrecht (außer bei Verträgen über Finanzdienstleistungen) spätestens nach 12 Monate und 14 Tagen, und zwar auch bei unterbliebener oder nicht ordnungsgemäß erteilter Widerrufsbelehrung!
Der Widerruf hat zur Folge, dass alle empfangenen Leistungen sofort zurückzugewähren sind, vgl. § 355 Abs. 3 BGB n.F. Diese Vorschrift bildet nunmehr die Anspruchsgrundlage für die Rückgewährpflicht sowohl des Verbrauchers als auch des Unternehmers. Die Verweisung auf die Vorschriften des Rückgewährvorschriften der §§ 346 ff. BGB, die in § 357 Abs. 1 BGB a.F. festgeschrieben war, ist entfallen.
V. Informationspflichten und Widerrufsbelehrung
Die vorvertraglichen Informationspflichten wurden sowohl für den Verbrauchervertrag im Allgemeinen, vgl. § 312 a BGB n.F. i.V.m. Art. 246 EGBGB, als auch im Besonderen für die AGV und die Fernabsatzverträge (mit Ausnahme der Verträge über Finanzdienstleistungen) verschärft, vgl. § 312 d Abs. 1 BGB n.F. i.V.m. Art. 246 a § 1 EGBGB.
Bei den Informationspflichten handelt es sich um echte Rechtspflichten des Unternehmers, auf die der Verbraucher einen Rechtsanspruch hat.
Auf abweichenden Vereinbarungen kann sich der Unternehmer nur berufen, wenn der Verbraucher diesen ausdrücklich zugestimmt hat.
Die Pflicht des Unternehmers zur Belehrung über den Widerruf sowie der Umfang dieser Belehrungspflicht sind Art. 246 a § 1 Abs. 2 EGBGB zu entnehmen. Zu Belehren ist grundsätzlich über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren der Ausübung des Widerrufsrechts, u.U. auch über Kosten der Rücksendung und eventuellen Wertersatz. Zur Erfüllung der Informationspflichten kann der Unternehmer das Muster für die Widerrufsbelehrung verwenden. Die neue Musterwiderrufsbelehrung für AGV und Fernabsatzverträgen mit Ausnahmen von Verträgen über Finanzdienstleistungen findet sich in der Anlage 1 zu Art. 246 a § 1 Abs. 2 S. 2 EGBGB. Die Belehrung muss dem Verbraucher in Textform zugehen.
Ferner ist der Unternehmer dazu verpflichtet, den Verbraucher über das gesetzliche Muster-Widerrufsformular (Anlage 2 zu Art. 246 a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB) zu informieren. Der Unternehmer muss dem Verbraucher dieses Widerrufsformular jedoch nicht in Papierform zukommen lassen, ausreichend ist ein Hinweis darauf, wo er dieses erhalten kann, z.B. in Form eines Internet-Links.
Die Beweislast für die Erfüllung der Informationspflichten trägt der Unternehmer, vgl. § 312 k BGB n.F.
VI. Weitere Pflichten für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr
Die Vorschriften der §§ 312 i und 312 j BGB n.F. über Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr sind nicht auf Verbraucherverträge beschränkt.
Die konkreten Informationspflichten ergeben sich insbesondere aus Art. 246 c EGBGB. Der Unternehmer hat Informationen u.a. bezüglich der genauen Merkmale der Leistung und des Kaufpreises bereitzustellen. Die Bestellung ist so zu gestalten, dass der Zugang der Bestellung bestätigen wird sowie dem Kunden die Möglichkeit erhält, die Vertragsbestimmungen abzurufen.
§ 312 j BGB n.F. ist eine reine Verbraucherschutzvorschrift, die insbesondre die zuvor in § 312 g Abs. 2 – 4 BGB a.F. geregelte sog. „Button-Lösung” enthält. Sie schreibt vor, dass der Verbraucher ausdrücklich bestätigen können muss, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet, sprich eine eindeutig gekennzeichnete Schaltfläche dazu einzustellen ist („zahlungspflichtig bestellen”, „kaufen”).
Wird ein Fernabsatzvertrag unter ausschließlicher Verwendung von elektronischen Kommunikationsmitteln abgeschlossen, kommt § 312 i BGB n.F. neben den §§ 312 ff. BGB n.F. zur Anwendung. Denn der Begriff des Fernabsatzvertrages ist sehr viel weiter, da er sämtliche Formen des Vertragsschlusses ohne körperliche Anwesenheit erfasst.
Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
I. Einleitung
Durch das Gesetz zur Umsetzung der EU-Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung vom 20.09.2013 (BGBl. I 2013, S. 3642-3670) haben das Fernabsatzrecht und das Recht der Haustürgeschäfte, die nun „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge” (AGV) heißen, umfassende Neuregelungen erfahren, die am 13.06.2014 in Kraft getreten sind. Daneben haben die Umsetzung der der E-Commerce-Richtlinie und der Fernabsatzfinanzdienstleidungsrichtlinie Einzug ins BGB gehalten. Die §§ 312 ff. BGB mussten dabei völlig neu geordnet werden.
Ziel der Regelungen ist es, den Verbraucherschutz zu erhöhen und das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarktes zu fördern.
Beachtlich sind insbesondere die umfangreiche Regelung des Anwendungsbereichs und die Festlegung allgemeiner Grundsätze für Verbraucherverträge sowie die Neuregelung des Widerrufsrechts.
II. Verbraucherverträge und Anwendungsbereich
Die Verbraucherverträge umfassen Verträge zwischen Verbrauchern und Unternehmern.
Die Definition des Verbrauchers (§ 13 BGB) wurde entsprechend der bislang herrschenden Auffassung zum sogenannten „dual use” in Deutschland durch das Wort „überwiegend” ergänzt. Verbraucher sind demnach alle natürlichen Personen, die ein Geschäft überwiegend nicht zu einem gewerblichen Zweck abschließen, sondern überwiegend zu einem privaten Zweck.
Als Unternehmer (§ 14 BGB) gelten Personen oder Gesellschaften, die ein Geschäft gerade vor dem Hintergrund ihrer unternehmerisch, gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit abschließen.
Gemäß § 312 Abs. 1 BGB n.F. finden die Vorschriften der §§ 312 – 312 h BGB n.F. nur auf solche Verträge zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer Anwendung, die eine entgeltliche Leistung des Unternehers zum Gegenstand haben. Erfasst sind damit vor allem gegenseitige Verträge über den Vertrieb von Waren oder Dienstleistungen (auf der einen Seite) gegen ein Entgelt (auf der anderen Seite).
§ 312 BGB n.F. regelt ferner einen gestaffelter Anwendungsbereich mit Bereichsausnahmen (Abs. 2 Nr. 2 – 13). Ausgenommen sind beispielsweise notariell beurkundete Verträge, Verträge über die Beförderung von Personen, Verträge über die Lieferung von Lebensmitteln u.a., auf die lediglich die Vorschriften über die Informationspflichten und Entgeltvereinbarungen Anwendung finden, vgl. § 312 a BGB n.F. Vorsicht ist geboten, da sich die Ausnahme zum Teil nur auf AGV oder nur auf Fernabsatzverträge beziehen.
Die Verbraucherrichtlinie regelt nicht die Finanzdienstleistungen. Deshalb gelten für diese die Vorschriften der Fernabsatzfinanzdienstleistungsrichtlinie, deren Umsetzung sich in § 312 d Abs. 2 und 312 Abs. 5 BGB n.F. wiederfindet.
III. Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge und Fernabsatzverträge
Die Vorschriften zu den AGV und den Fernabsatzverträge finden sich in den §§ 312 b – 312 h BGB n.F.
Mit der Einführung des Begriffs der „außerhalb von Geschäftsräume geschlossenen Verträge” (AGV) wurde der Begriff des „Haustürgeschäfts” (§ 312 Abs. 1 BGB a.F.) aufgegeben. § 312 b BGB n.F. definiert nun den „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag”.
Es werden nicht mehr die Orte, die vom Anwendungsbereich erfasst sind, aufgezählt, sondern es ist jeder Ort umfasst, der nicht Geschäftsraum des Unternehmers ist, vgl. § 312 b Abs. 2 n.F. Auf die nach früherem Recht erforderliche Bestimmung einer Privatwohnung usw. kommt es nicht mehr an. Nach wie vor für die Abgrenzung ist jedoch maßgeblich, ob der Verbraucher mit dem Auftreten des Unternehmers rechnen musste oder ob er ihm in einer sogenannten Überrumpelungssituation gegenübersteht. Erweitert wurde der Anwendungsbereich dahingehend, dass nunmehr auch Verträge erfasst sind, die vom Verbraucher selbst angebahnt wurden. Außerdem wurde klargestellt, dass die Vorschriften auch auf Ausflugsfahrten, und damit insbesondere die sogenannten Kaffeefahrten, Anwendung finden. Dem Veranstalter sollen Mittel und Wege abgeschnitten sein, sich dem Verbraucherschutz zu entziehen.
§ 312 c BGB n.F. definiert den Fernabsatzvertrag. Diese Definition ist letztlich unverändert geblieben. Unter den Fernabsatzvertrag fallen Verträge über Waren und Dienstleistungen, die unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln wie Briefe, Telefonate, E-Mails u.a. zustande gekommen sind. Entscheidend ist also allein die Art und Weise des Vertragsschlusses, nicht der Inhalt des Vertrages.
IV. Widerrufsrecht und Widerrufsfolgen
§ 312 g BGB n.F. in Verbindung mit § 355 BGB n.F. räumt dem Verbraucher sowohl bei AGV als auch bei Fernabsatzverträge grundsätzlich ein 14-tägiges Widerrufsrecht ein.
Der Widerruf muss nicht mehr in Textform, sondern kann neuerdings in beliebiger Form, vgl. § 355 Abs. 1 BGB n.F., erklärt werden.
Der Beginn der Widerrufsfrist richtet sich – eine ordnungsgemäße Belehrung vorausgesetzt (s.u.) – grundsätzlich nach dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses, vgl. § 355 Abs. 2 BGB n.F., im Fall von AGV oder Fernabsatzverträgen über Waren i.d.R. nach dem Zeitpunkt des Erhalts der Ware, vgl. § 356 Abs. 2 BGB n.F.
Übrigens findet sich eine Definition des Begriffs Ware neuerdings in § 241 a BGB.
Das Rückgaberecht, das nach altem Recht alternativ zum Widerrufsrecht vereinbart werden konnte, war nicht EU-richtlinienkonform und musste aufgegeben werden.
Des Weiteren wurde der Ausnahmenkatalog, d.h. der Katalog der Verträge, bei denen kein gesetzliches Widerrufsrecht eingeräumt wird, etwas ausgeweitet, und zwar zum größten Teil entsprechend der vom EuGH und vom BGH entwickelten Rechtsprechung. Kein Widerrufsrecht wird beispielsweise eingeräumt bei Verträgen mit Kundenspezifikation, sprich Maßanfertigungen, Verträgen über verderbliche Waren, Beherbergungsverträgen oder auch Verträgen, die im Rahmen von Versteigerungen abgeschlossen werden. (Bei Verträgen, die über die Internetplattform ebay o.Ä. abgeschlossen werden, greift die Ausnahme nicht. Es handelt sich nicht um eine Versteigerung im gesetzlichen Sinne. Die Vorschriften über Verbraucherverträge, das Widerrufsrecht eingeschlossen, finden Anwendung, sofern der Vertrag mit einem Unternehmer und nicht mit einer anderen Privatperson abgeschlossen wurde.)
Die Verbraucherrichtlinie hat für die Ausübung des Widerrufsrechts und deren Rechtsfolgen detaillierte Vorgaben gemacht. Die wohl wichtigste Neuregelung für die Praxis ist, dass der Verbraucher in der Regel unabhängig vom Warenwert die Kosten der Rücksendung zu tragen hat. Beachtlich ist auch, dass nicht jeder Informationsfehler den Beginn der Widerrufsfrist hinausschiebt, sondern nur ein solcher, der gerade das Widerrufsrecht betrifft, vgl. § 356 Abs. 2 BGB nF. Außerdem kann ein Belehrungsfehler nicht mehr zu einem uneingeschränkten Widerrufsrecht führen. Gem. § 356 Abs. 3 S. 2 BGB n.F. erlischt das Widerrufsrecht (außer bei Verträgen über Finanzdienstleistungen) spätestens nach 12 Monate und 14 Tagen, und zwar auch bei unterbliebener oder nicht ordnungsgemäß erteilter Widerrufsbelehrung!
Der Widerruf hat zur Folge, dass alle empfangenen Leistungen sofort zurückzugewähren sind, vgl. § 355 Abs. 3 BGB n.F. Diese Vorschrift bildet nunmehr die Anspruchsgrundlage für die Rückgewährpflicht sowohl des Verbrauchers als auch des Unternehmers. Die Verweisung auf die Vorschriften des Rückgewährvorschriften der §§ 346 ff. BGB, die in § 357 Abs. 1 BGB a.F. festgeschrieben war, ist entfallen.
V. Informationspflichten und Widerrufsbelehrung
Die vorvertraglichen Informationspflichten wurden sowohl für den Verbrauchervertrag im Allgemeinen, vgl. § 312 a BGB n.F. i.V.m. Art. 246 EGBGB, als auch im Besonderen für die AGV und die Fernabsatzverträge (mit Ausnahme der Verträge über Finanzdienstleistungen) verschärft, vgl. § 312 d Abs. 1 BGB n.F. i.V.m. Art. 246 a § 1 EGBGB.
Bei den Informationspflichten handelt es sich um echte Rechtspflichten des Unternehmers, auf die der Verbraucher einen Rechtsanspruch hat.
Auf abweichenden Vereinbarungen kann sich der Unternehmer nur berufen, wenn der Verbraucher diesen ausdrücklich zugestimmt hat.
Die Pflicht des Unternehmers zur Belehrung über den Widerruf sowie der Umfang dieser Belehrungspflicht sind Art. 246 a § 1 Abs. 2 EGBGB zu entnehmen. Zu Belehren ist grundsätzlich über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren der Ausübung des Widerrufsrechts, u.U. auch über Kosten der Rücksendung und eventuellen Wertersatz. Zur Erfüllung der Informationspflichten kann der Unternehmer das Muster für die Widerrufsbelehrung verwenden. Die neue Musterwiderrufsbelehrung für AGV und Fernabsatzverträgen mit Ausnahmen von Verträgen über Finanzdienstleistungen findet sich in der Anlage 1 zu Art. 246 a § 1 Abs. 2 S. 2 EGBGB. Die Belehrung muss dem Verbraucher in Textform zugehen.
Ferner ist der Unternehmer dazu verpflichtet, den Verbraucher über das gesetzliche Muster-Widerrufsformular (Anlage 2 zu Art. 246 a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB) zu informieren. Der Unternehmer muss dem Verbraucher dieses Widerrufsformular jedoch nicht in Papierform zukommen lassen, ausreichend ist ein Hinweis darauf, wo er dieses erhalten kann, z.B. in Form eines Internet-Links.
Die Beweislast für die Erfüllung der Informationspflichten trägt der Unternehmer, vgl. § 312 k BGB n.F.
VI. Weitere Pflichten für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr
Die Vorschriften der §§ 312 i und 312 j BGB n.F. über Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr sind nicht auf Verbraucherverträge beschränkt.
Die konkreten Informationspflichten ergeben sich insbesondere aus Art. 246 c EGBGB. Der Unternehmer hat Informationen u.a. bezüglich der genauen Merkmale der Leistung und des Kaufpreises bereitzustellen. Die Bestellung ist so zu gestalten, dass der Zugang der Bestellung bestätigen wird sowie dem Kunden die Möglichkeit erhält, die Vertragsbestimmungen abzurufen.
§ 312 j BGB n.F. ist eine reine Verbraucherschutzvorschrift, die insbesondre die zuvor in § 312 g Abs. 2 – 4 BGB a.F. geregelte sog. „Button-Lösung” enthält. Sie schreibt vor, dass der Verbraucher ausdrücklich bestätigen können muss, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet, sprich eine eindeutig gekennzeichnete Schaltfläche dazu einzustellen ist („zahlungspflichtig bestellen”, „kaufen”).
Wird ein Fernabsatzvertrag unter ausschließlicher Verwendung von elektronischen Kommunikationsmitteln abgeschlossen, kommt § 312 i BGB n.F. neben den §§ 312 ff. BGB n.F. zur Anwendung. Denn der Begriff des Fernabsatzvertrages ist sehr viel weiter, da er sämtliche Formen des Vertragsschlusses ohne körperliche Anwesenheit erfasst.
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