1. Es ist ohne grosse Probleme möglich, eine sog. private company limited by shares (LtD.) in England zu gründen.
2. Es gibt in England keine Mindestkapitalvorschriften. Üblicherweise haben die Gesellschaften ein Stammkapital von £100, geteilt in 100 Geschäftsanteile zu je £1.
3. Die Gesellschaft muss mindestens einen Direktor haben; üblicherweise hat sie bis zu drei Direktoren. Sie führen die Gesellschaft. Die Direktoren sollten ihr Geschäft verstehen. Es ist für Einzelpersonen überaus gefährlich, Direktor zu werden, wenn sie die Geschäfte der Gesellschaft nicht kontrollieren (können). Die Gesellschaft muss ihre Geschäfte ordnungsgemäss führen und Verstöße werden zivilrechtlich und strafrechtlich verfolgt.
4. Direktor können auch ausländische Staatsangehörige werden. Es ist unerheblich, ob die Direktoren in England oder im Ausland wohnen. Die Direktoren müssen jedoch dem Handelsregister ihren vollständigen Namen und ihre Anschrift mitteilen. Auch müssen sie das Handelsregister darüber unterrichten, in welchen anderen Gesellschaften sie Direktor sind.
5. Die Gesellschaft muss einen Sekretär (secretary) bestellen. Der Sekretär kann zugleich Direktor sein. Gibt es nur einen Direktor, dann muss der Sekretär eine dritte Person sein. Es empfiehlt sich, dass der Sekretär das Tagesgeschäft versteht und engen Kontakt mit den Direktoren hält.
6. Die Gesellschaft muss ein registriertes Büro (registered office) in England unterhalten. Die Geschäfte können aber vom Ausland geführt werden. Das registrierte Büro muss den eigentlichen Geschäftssitz der Gesellschaft leicht und schnell erreichen können. Es ist zulässig, dass englische Rechtsanwälte und Rechtsanwaltskanzleien als “registered office” zur Verfügung stehen.
7. Die Gesellschaft muss dem Companies House mitteilen, wer die Geschäftsanteile hält. Bei einer private company können die Gesellschafter ihre Anteile für Begünstigte halten. Die Treuhandvereinbarung wird dem Companies House nicht offen gelegt. Es ist grundsätzlich zulässig, dass englische Rechtsanwälte als Treuhand-Gesellschafter fungieren. Sie werden es in der Regel nur tun, wenn sie die Begünstigten sehr genau kennen.
8. Derartige Treuhandvereinbarungen sind nicht ungefährlich, denn die Treuhänder verfügen über die Rechtsmacht des Gesellschafters. Halten sich die Treuhänder nicht an die Vorgaben der Treuhandvereinbarung, können sie von dem Begünstigten zur Einhaltung gezwungen werden, doch sind solche Verfahren sehr teuer.
9. In steuerrechtlicher Hinsicht ist die Gesellschaft dort ansässig, wo sie ihr Geschäft betreibt. Das muss nicht England sein. Die Treuhand-Gesellschafter sind nach englischem Recht für die Einkommensteuer persönlich haftbar. Im übrigen müssen Eigeninteressen der Gesellschaftergeschäftsführer (Direktoren), auch wenn es sich um indirekte Beteiligungen über einen Treuhänder handelt, gegenüber dem Fiskus offengelegt werden. Verstöße werden strafrechtlich geahndet. Die Gesellschaft muss eine Umsatzsteuermeldung vornehmen.
10. Die Kosten für die Registrierung einer englischen Ltd. belaufen sich auf ca. £750 bis £1.000. Die Kosten für eine Treuhandvereinbarung belaufen sich ca. £300 bis £450, jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer. Ein komplexes Vertragswerk kann ggf. auch erheblich teuerer werden. Die laufenden Unterhaltskosten für eine Ltd. können mit ca. £ 250 bis £500 jährlich veranschlagt werden. Die Kosten für Buchhaltung und Bilanzierung belaufen sich auf ca. £1.500.
11. Im Grundsatz hat es der EuGH am 9. März 1999 in der Sache Centros, abgedruckt in DB 1999, 625 = NJW 1999, 2027 und im EurojurisLawJournal für zulässig erklärt, Kapitalschutzvorschriften zu umgehen und eine Niedrigkapitalgesellschaft im Ausland zu gründen und in das Inland zu importieren, etwa in dem man im Inland eine Zweigniederlassung anmeldet. Trotzdem der Europäische Gerichtshof sich in der Centros-Entscheidung vom 9. März 1999 in der Rechtssache C-212/97 (Centros, Slg. 1999, I-1459) zugunsten der Freizügigkeit von Gesellschaftsaktivitäten ausgesprochen hat, die es einschließt, den Unternehmenssitz frei zu wählen, beharren gegenwärtig die deutschen Gerichte (vgl. DB 2000, 1114-1116 mit Vorlage an den EuGH) nach wie vor darauf, dass eine englische “Briefkastenfirma” in Deutschland nicht anerkannt werden könne. Das verstößt unseres Erachtens gegen EU-Recht.
Inzwischen hat der EuGH unsere Auffassung bestätigt (EuGH, Urt. vom 05.11.2002, Rs. C-208/00-Überseering, IPRax 2003, 65). Der BGH hat dementsprechend den Vorlagefall entschieden (BGH, Urt. v. 13.3.2003 –VII ZR 370/98). Auch US-amerikanische Gesellschaften sind sind im Übrigen privilegiert (BGH, Urt. vom 29.01.2003, Az: VIII ZR 155/02, IPRax 2003, 265).
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