Die ärztliche Aufklärungspflicht ist Ausfluß des Selbstbestimmungsrechtes des Patienten. Der Arzt muß daher vor Beginn der Behandlung deren Art und Risiken erläutern. Vom Grundsatz her entscheidet der Arzt, welche anerkannte und dem medizinischen Standard entsprechende Behandlungsmethode er anwenden will. Gibt es zu der vom Arzt gewählten Behandlungsmethode weitere Alternativen, so ist zu unterscheiden:
Ist die Behandlungsalternative ebenso anerkannt, birgt sie jedoch für den Patienten größere Risiken oder sind die Heilungschancen geringer, so muß über diese Alternative nicht aufgeklärt werden. Ebenso muß eine Aufklärung nicht erfolgen, soweit beide Behandlungsmethoden als vergleichbar hinsichtlich Risiken und Erfolgsaussichten anzusehen sind. Etwas anderes gilt, wenn die alternative Behandlungsmethode weniger Risiken beinhaltet und/oder die Erfolgsaussichten größer sind. Dem Patienten muß in einem solchen Fall die Möglichkeit zur Wahrnehmung seines Selbstbestimmungsrechtes gegeben werden. Er muß entscheiden können, welche Behandlungsmethode angewandt werden soll.

So hat der Bundesgerichtshof in einer neueren Entscheidung seine Rechtsprechung zu Aufklärungspflichten hinsichtlich alternativer Behandlungsmethoden fortgesetzt (BGH, NJW 00, 1788). Ausgangspunkt war eine Bandscheibenoperation. Die Klägerin hatte geltend gemacht, daß bei Fortsetzung der konservativen Behandlungsmethode die Operation hätte vermieden werden können. Hierüber sei sie nicht aufgeklärt worden. Anzumerken ist, daß die Operation nicht den erhofften Erfolg gebracht hatte, ein grober Behandlungsfehler aber nicht vorlag. Die zuvor für kurze Zeit angewandte konservative Behandlungsmethode hatte eine kurzfristige Besserung der Leiden der Klägerin zur Folge. Das Landgericht Hamm hatte in 1. Instanz die Klage abgewiesen, mit der Begründung, die Operation sei absolut notwendig gewesen; die Klägerin sei auch über die Art und die Risiken des Eingriffs hinreichend aufgeklärt worden und habe in die Operation eingewilligt. Ein vom Landgericht hinzugezogener Gutachter hatte entgegen seinem schriftlichen Gutachten in der mündlichen Verhandlung differenziert zwischen absoluter und relativer Indikation, und zwar abhängig vom Beschwerdebild. Das Landgericht hatte dem insoweit keine Bedeutung beigemessen, als die Entscheidung weiterhin gestützt wurde auf die schriftliche Einlassung des Gutachters. Dies nahm der BGH zum Anlaß den Rechtsstreit zur weiteren Aufklärung an das Landgericht zurückzuverweisen. Das Landgericht hätte nach Auffassung des BGH aufklären müssen, ob der Gutachter mit „relativer Indikation“ gemeint habe, daß alternativ zur Operation zunächst die Fortsetzung der konservativen Methode bei der Klägerin in Betracht gekommen wäre und ob erst nach deren gewissen Scheitern eine Operation absolut notwendig gewesen wäre. Der BGH führte hierzu aus, daß dem Gebot einer vollständigen Aufklärung zu Grunde liegt, dass der Patient darüber informiert werden muss, dass es mehrere medizinisch indizierte und übliche Behandlungsmethoden gibt, die unterschiedliche Risiken oder Erfolgschancen haben. Dies hat auch dann zu gelten, wenn eine Operation durch eine konservative Behandlung vermieden werden kann oder erst nach deren erfolgloser Vorschaltung angezeigt ist. Auch in diesem Falle bestände eine echte Wahlmöglichkeit des Patienten. Er muß entscheiden können zu welchem Zeitpunkt er sich auf welches Risiko einläßt. Unterlässt ein Arzt eine nach diesen Grundsätzen gebotene Aufklärung, macht er sich gegenüber seinem Patienten schadensersatzpflichtig.

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