Die Vereinigte Republik Kamerun ist eine Präsidialrepublik mit einer Verfassung aus dem Jahre 1961, die in den Jahren 1972 und 1996 fortgeschrieben wurde, zuletzt im Gesetz Nr. 96-06 vom 18. Januar 1996. Aufgrund seiner kolonialen Vergangenheit hat Kamerun keine einheitliche Rechtsordnung. Art. 68 der Verfassung sieht vor, dass die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verfassung geltende Gesetzgebung in Kraft bleiben soll, soweit sie nicht mit der Verfassung unvereinbar ist und solange sie nicht durch nachfolgende Gesetzes und Verordnungen geändert wurde. In den zwei englischsprachigen Provinzen Kameruns im westlichen Teil, angrenzend an Nigeria, gilt das englische Common Law, während in den übrigen Provinzen, dem französischsprachigen Teil Kameruns, französisches Recht gilt. Daneben existieren verbreitet Stammesrechte, die vor allem im Erb- und Familienrecht noch Bedeutung haben und fort gelten. Kamerun verfügt über eine Gerichtsverfassung. Neben den Gerichten erster Instanz (High Court oder Tribunal de Grande Instance) existieren Gerichte erster Instanz und Gerichte, die lokales Gewohnheitsrecht anwenden (vgl. dazu l’ordonnance n° 72/4 du 26 Août 1972 et ses différents textes modificatifs, le décret n° 69/DF/544 du19 Décembre 1969 modifié par le décret n° 71/DF/607 du 3 Décembre 1971 portant organisation des juridictions traditionnelles du Cameroun oriental, complété par la loi n° 79/4 du 29 juin 1979). Der ordentliche Gerichtszug besteht gemäß Art. 37 der Verfassung (1996) aus den Tribunaux de Grande Instance, der Cour d´Appel und dem Obersten Gericht (Cour Suprême oder Supreme Court). Die Richter sind von Verfassungs wegen unabhängig und werden vom Präsidenten der Republik Kamerun ernannt.
Gewohnheitsrechtlich findet das Recht am gemeinsamen Wohnsitz der Parteien Anwendung. Nach einer – allerdings später aufgehobenen – ICSID Entscheidung herrscht im Vertragsrecht der Grundsatz der Parteiautonomie. Mangels Rechtswahl findet das Recht am Ort der Baumaßnahme Anwendung (ICSID Entscheidung vom 21.10.1983, wiedergegeben in Gaillard, La jurisprudence du CIRDI, Paris 2004, 81 ff.). Im Rahmen der internationalen Vertragsgestaltung wird dringend empfohlen, die Frage der Rechtswahl nicht offen zu lassen und sorgsam darauf zu achten, wo das Schiedsgericht seinen Sitz hat, um hinsichtlich des anwendbaren Rechts abschließend Klarheit zu gewinnen.
Im französischsprachigen Teil Kameruns gilt der Code Napoléon. Die noch geltenden Teil des Code Napoléon und die aktuellen Ergänzungen sind in einer Veröffentlichung von Boubou (Code Civil) aus dem Jahre 2006 systematisch erfasst. Im englischsprachigen Teil gilt Common Law, allerdings ohne dass es nachhaltige konkrete Nachweise zur Handhabung gäbe. Kamerun ist ferner Mitglied der OHADA, so dass einige Bereiche des Rechts von supranationalem Recht abgedeckt sind. Das betrifft vor allem das Recht der Kapitalgesellschaften, die Forderungsbeitreibung und das Insolvenzrecht. Das Handelsrecht der OHADA umfasst allerdings nicht das Werkvertragsrecht. Es existiert allerdings ein Vorschlag der OHADA zur Vereinheitlichung des gesamten Vertragsrechts, der an die Unidroit Principles angelehnt ist. Per Dekret Nr. 2004/275 vom 24.9.2004 hat Kamerun ein Vergabegesetzbuch erlassen (Code des Marchés Publics). In den letzten Jahren hat Kamerun wesentliche Zweige der öffentlichen Daseinsvorsorge sowie Industriebereiche privatisiert. Per Gesetz Nr. 2006/088 vom 11.3.2006 wurde eine Antikorruptionsstelle (Commission Nationale anti-corruption -CONAC) eingerichtet. Letztere hat ihren Sitz in Yaoundé.
Grundstückseigentum wird nach Maßgabe des Dekrets Nr. 76/165 vom 27.4.1976, modifiziert durch Dekret Nr. 2005/481 vom 16.12.2005 geregelt. Der Eigentumstitel (titre foncier) ist im Grundbuch einzutragen. Das Eigentum an einem eingetragenen Titel ist Dritten gegenüber einwendbar, unangreifbar und unantastbar. Das Dekret dient u.a. der Rechtsvereinheitlichung, weil unter anderem noch Grundbucheintragungen aus der Zeit des deutschen Kaiserreichs und Grundtsücksgeschäfte nach lokalem Recht existieren (vgl. Art. 3 des vorbezeichneten Dekrets). Im Übrigen regelt es Details des Grundstücksrechts in Kamerun.
Analog zum französischen Recht fallen Bauverträge unter die sog. „contrats de louage d´ouvrage“, die in Art. 1787 ff. Code Civil camerounais geregelt sind. Danach gilt in Kamerun auch die sog. Décennale (Art. 1792 Code Civil camérounais), allerdings in einer gegenüber dem französischen Recht eher rudimentären Fassung. Die französische „garantie de bon fonctionnement“ und die „garantie de parfait achèvement“ sind nicht gesetzlich geregelt. Es bleibt daher bei der Haftung nach dem „droit commun“. Die Praxis in Kamerun orientiert sich überwiegend am französischen Vorbild, wo die Arbeitsteilung zwischen „Maître d´ouvrage“ und „Maître d´oeuvre“ bekannt ist.
Zugang zur Rechtsprechung der Gerichte in Kamerun besteht nicht oder kaum. Es existieren keine systematischen Rechtsprechungssammlungen. Einzelne Urteile sind allerdings in Leitsätzen bekannt, so z.B. das Urteil der Cour Suprême in Sachen SCGTE ./. Olinga, Alphonse vom 10.02.2005, Az: 98/cc, wonach die Gefahr des zufälligen Verlustes oder Beschädigung des Werkes vor Abnahme beim Unternehmer liegt.
In der Praxis wird bei größeren Bauvorhaben eine „Contrôle technique“ gehandhabt, so wie es in Frankreich gesetzlich vorgesehen ist. Kamerun hat diese Fragen aber nicht gesetzlich geregelt. Es existiert auch keine Pflichtversicherung für die Decénnale-Haftung. Allerdings besteht der sog. Code CIMA, der das Versicherungsvertragsrecht in den Mitgliedsländern der Conférence Interafricaine des Marchés d´Assurance gilt und das französische Versicherungsrecht abgelöst hat (vgl. dazu Kamgwoue, Procédures d´indemnisation des victimes dans les assurances de dommages et de personnes, Douala 2005).
In tatsächlicher Hinsicht ist auf die erschwerten klimatischen Bedingungen, etwa die Regenzeit von Ende Juni bis Ende Juli sowie das insgesamt sehr feuchte und heiße Klima hinzuweisen. Beide Aspekte sind bei der Planung und Abwicklung von Bauvorhaben zu berücksichtigen. Hinsichtlich der Qualitätsanforderungen ist bei der Zusammenarbeit mit lokalen Unternehmen eine strenge Überwachung angebracht. Die Qualitätsvorstellungen variieren zudem von Landesteil zu Landesteil. Auftraggeber aus Kamerun kennen und nutzen FIDIC-Verträge. Da die Mitarbeiter zum Teil in England geschult werden, ist bis zum Beweis des Gegenteils von guten Kenntnissen der FIDIC-Vertragsadminstration auszugehen.
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