Gemäß § 23 Absatz 1 Satz 2 KSchG findet das Kündigungsschutzgesetz Anwendung in Betrieben, in denen mehr als 5 Mitarbeiter beschäftigt werden. Dies bedeutet hingegen nicht, daß Mitarbeiter in Betrieben mit 5 oder weniger Beschäftigten keinerlei Kündigungsschutz genießen.
Dies hat kürzlich das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 21.02.01 (NZA 01, 833 ff). ausdrücklich klargestellt. In dem zu entscheidenden Fall ging es darum, daß ein Arbeitgeber von 5 gleichqualifizierten Arbeitnehmern, gegenüber demjenigen eine ordentliche Kündigung ausgesprochen hatte, der die längste Zeit im Betrieb beschäftigt gewesen und auch am ältesten war. Die von dem betreffenden Arbeitnehmer erhobene Klage wegen Unwirksamkeit der Kündigung war von dem Arbeitsgericht Berlin und dem Landesarbeitsgericht zurückgewiesen worden. Der Arbeitnehmer hatte sich in seiner Klage u.a. gegen die Sozialauswahl des Arbeitgebers gewandt und sich darauf berufen, daß er auf Grund der langen Betriebszugehörigkeit (hier seit 1980) auf den weiteren Bestand des Arbeitsverhältnisses hatte vertrauen durfte. Die Entscheidung des BAG führte zur Aufhebung und Zurückverweisung zur weiteren Aufklärung.
Das BAG führte aus, daß auch in Kleinbetrieben ein gewisses Maß an sozialer Rücksichtnahme erforderlich sei und eine Nichtbeachtung zur Unwirksamkeit der Kündigung führen könne. Das Gericht berief sich hierbei auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahre 1998 (NZA 98, 470 ff), welches zwar die Verfassungsmäßigkeit der Kleinbetriebsklausel im KSchG ausdrücklich festgestellt hatte, gleichzeitig aber betonte, daß über die zivilrechtlichen Generalklauseln (§§ 138, 242 BGB) der Arbeitnehmer in Kleinbetrieben geschützt sei. Eine sitten- oder treuwidrige Kündigung müsse nicht hingenommen werden. So darf die Kündigung nicht willkürlich sein, d.h. sachfremde Erwägungen dürfen nicht zur Kündigung führen, was insofern keine Neuerung in der Rechtsprechung ist. Der Arbeitgeber muß aber weiter das Vertrauen, welches durch langjährige Mitarbeit aufgebaut worden ist, bei seiner Entscheidung berücksichtigen und bei der Auswahl zwischen mehreren Arbeitnehmern ein gewisses Maß an sozialer Rücksichtnahme üben.
Das BAG meinte vorliegend, daß der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) dadurch verletzt sein könnte, das der Arbeitgeber vorliegend ohne erkennbaren Grund die langjährige Beschäftigung und das Alter des Klägers in Bezug auf die anderen Arbeitnehmer nicht berücksichtigt habe. Zwar seien von dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht umfaßt die Tatbestände des KSchG, da dieses abschließend sei, aber außerhalb des KSchG angesiedelte Gründe könnten an Hand der Generalklausel des § 242 BGB überprüft werden. Die durchzuführende Sozialauswahl in Betrieben, in welchen das KSchG keine Anwendung findet, sei nicht vergleichbar mit der Sozialauswahl, wie sie in Betrieben, in welchen das KSchG Anwendung fände, stattzufinden hätte. Die Auswahlentscheidung des Arbeitgebers in Kleinbetrieben kann nur darauf überprüft werden, ob sie unter Berücksichtigung der Belange des Arbeitnehmers am Erhalt seines Arbeitsplatzes und der dargelegten Interessen des Kleinunternehmers gegen Treu und Glauben verstößt. Sofern der Arbeitgeber aber keine besonderen Interessen hätte, einen bestimmten Arbeitnehmer zu entlassen und tut er dies gleichwohl, obwohl der betreffende Arbeitnehmer am längsten beschäftigt und am ältesten ist, spräche einiges dafür, daß der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung das verfassungsrechtlich gebotene Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme außer acht gelassen habe.
Mit der vorliegenden Entscheidung hat das BAG zwar der Rechtsprechung des BVerfG Rechnung getragen, wonach es auch außerhalb des KSchG keine Kündigung gibt, die nicht richterlich überprüft werden könne, jedoch macht dies die Prozeßführung für die Parteien nicht einfacher. Der Kleinunternehmer könnte sich plötzlich vor der Situation sehen, die zur Kündigung führenden Gründe ausführlich darlegen zu müssen. Damit er mit seinem Sachvortrag nicht ausgeschlossen wird, wird es sich empfehlen auch außerhalb eines klassischen Kündigungsschutzprozesses sämtliche Tatsachen vorzutragen. Das bloße Berufen auf die Regelung des § 23 KSchG ist jedenfalls nicht ausreichend, wenn sich der Arbeitnehmer auf §§ 138, 242 BGB beruft. Der Arbeitnehmer hingegen wird sich ggf. veranlasst sehen vorsorglich Klage zu erheben, da er im Regelfall schließlich nicht weiß, welche Erwägungen der Arbeitgeber angestellt hat, denn eines hat das BAG festgestellt, einer Begründung bedarf die schriftliche Kündigung auch in Kleinbetrieben nicht.
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