Das französische Recht der Sicherheiten befindet sich im Umbruch.  Grundlage des neuen Rechts der Sicherheiten ist die Ordonnance n°2006-346 vom 23. März 2006. Die persönlichen Sicherheiten sind seither die Bürgschaft, die autonome Garantie und die Absichtserklärung (vgl. Art. 2287-1 Code Civil).

I. Cautionnement = Bürgschaft

Die Bürgschaft ist ein Vertrag, der ursprünglich in den Art. 2011 ff. Code Civil (a.F.) vorgesehen war, die die Natur und den Inhalt der Bürgschaft regelten. Das neue Recht der Bürgschaft findet sich in den Art. 2288 Code Civil. In Art. 2288 heißt es:

Derjenige, der sich als Bürge für eine Verpflichtung zur Verfügung stellt, unterwirft sich gegenüber dem Gläubiger zur Befriedigung dieser Verpflichtung, wenn sie der Schuldner nciht selbst befriedigt.

Die Bürgschaft besteht in der Übernahme der Verpflichtung durch den Bürgen, im Falle der Nichterfüllung einer Verbindlichkeit durch den Schuldner, diese zu erfüllen. Es handelt sich um einen akzessorischen Vertrag (Art. 2289 Code Civil), was die Existenz einer Hauptverpflichtung voraussetzt, für deren Erfüllung sich der Bürge verbürgt. Ohne die Existenz der Hauptverpflichtung besteht keine Bürgschaft (Art. 2289 Code Civil).

Die Bürgschaft ist also ein Vertrag, mit dem sich jemand gegenüber dem Gläubiger einer Forderung verpflichtet, diese zu begleichen, wenn dies der Schuldner ausfällt. Das Bürgschaftsrecht ist in den Art. 2288 ff. Code Civil (früher Art. 2011 ff.) geregelt. Die Bürgschaft kommt als Ausfallbürgschaft (cautionnement simple) oder als gesamtschuldnerische Bürgschaft (cautionnement solidaire) vor. Letztere muß ausdrücklich vereinbart werden, es sei denn unter Kaufleuten.

Ergänzend finden die Regelungen des Code de la Consommation Anwendung (Art. L. 313-7 ff. Code de la Consommation). Bedeutsam ist, daß den Banken besondere Verpflichtungen dann auferlegt werden, wenn sich eine Privatperson für Unternehmensverbindlichkeiten verbürgt. Insbesondere müssen die Banken den Bürgen jeweils bis zum 31. März jeden Jahres zum Stand 31.12 des Vorjahres über die Hauptforderung, Zinsen, Kosten etc. unterrichten (Art. 48 de la loi n° 48-148 du 1er mars 1984). Diese Verpflichtung trifft auch ausländische Kreditinstitute und kann nicht abbedungen werden (Mémento Pratique, Contrats, 1988, n° 4730-2 und 4730-3). Es ist insoweit unerheblich, welches Recht die Bürgschaft beherrscht.

Infolge der Reform vom 23. Juni 2006 sind die ursprünglichen Regelungen (vgl. Art. 2011 ff. Code Civil a.F.) nunmehr im neuen Buch IV geregelt. Das reformierte Recht enthält allerdings keine wirklichen Veränderungen gegenüber der alten Rechtslage. Das Recht der Bürgschaft findet sich nun in den Art. 2288 ff. Code Civil. Der Einwand der Vorausklage (bénéfice de discussion) ist nunmehr in Art. 2298 Code Civil geregelt.

Hinweis:

Bürgschaften müssen die gesetzlichen Formerfordernisse streng erfüllen. Verstöße gegen Formvorschriften ziehen die Nichtigkeit der Bürgschaft nach sich. Auf der Bürgschaft muß daher handschriftlich in Buchstaben und Zahlen der Bürgschaftsbetrag akzeptiert werden. Im Anwendungsbereich des Code de la Consommation kommen weitere Formerfordernisse hinzu.

II. Hypothèque = Hypothek

Die Hypothek ist eine Sicherheit, die auf einer Immobilie lastet. Sie berechtigt den Gläubiger, die Immobilie zu verwerten, gleich wer Eigentümer der Immobilie ist. Sie ist in den 2393 Code Civil (früher 2114 ff. CC) geregelt und kann durch Gesetz, Gerichtsentscheidung oder Vertrag entstehen.

Die Hypothek ist ein dingliches Recht an einem Grundstück, das für die Befriedigung einer Verpflichtung haftet. Sie ist aufgrund ihrer Natur unteilbar und lastet auf allen Grundstücken, die mir ihr belastet sind. Sie folgt dem Eigentum am Grundstück (droit de suite).

Die Reform hat eine neue wieder aufladbare (oder wieder verwendbare) Hypothek hervorgebracht (franz: hypothèque rechargeable). Sie ist Art. 2422 Code Civil geregelt. Gemäß Art. 2422 Code Civil kann die Hypothek später der Besicherung anderer Forderungen dienen, als denen, die von dem konstituierenden Akt bezeichnet sind, vorausgesetzt, dass der konstituierende Akt dies ausdrücklich zulässt.

Hinweis:

Hypotheken haben eine maximale Laufzeit von 35 Jahren. Kürzere Laufzeiten (in der Regel zwei Jahre) gelten für Hypotheken, deren besicherte Forderungen früher fällig werden. Der Verfall eingetragener Bürgschaften kann nur durch einen Antrag auf Erneuerung verhindert werden.

III. Privilèges = Privilegien

Die sog. Privilegien können im Ergebnis eine wertvolle ”verdinglichte” Sicherheit darstellen, sind aber im (rechtlichen) Ansatz lediglich privilegierte Forderungen, die als solche bevorrechtigt bedient werden müssen. Von Bedeutung sind die Privilegien der Werkunternehmer und Architekten, der Grundstücksverkäufer und der finanzierenden Banken (Art. 2374 Code Civil, früher Art. 2103 CC) und des Verwalters von Wohnungseigentum (früher Art. 2095 CC).

Hinweis:

Privilegien entstehen kraft der Natur ihres Rechtsverhältnisses aus dem die bevorrechtigte Forderung entspringt, und zwar außerhalb des Grundbuches. Sie erhalten bei fristgerechter Eintragung den Rang vor bereits eingetragenen anderen dinglichen Sicherheiten.

IV. Nantissement = Pfandrecht

Das “nantissement” ist ein besitzabhängiges Pfandrecht. Es wird als ”gage” bezeichnet, sofern das Pfandrecht an einer Mobilie besteht und als ”antichrèse”, sofern es an einer Immobilie besteht (vgl. Art. 2387 Ciode Civil, früher Art. 2071 bis 2091 CC).

Die Regelung zum Pfandrecht an Mobilien wurden zwischenzeitlich mit der Refrom aus dem Jahre 2006 vollständig überarbeitet.

V. Droit de retention = Zurückbehaltungsrecht

Das Zurückbehaltungsrecht berechtigt den Gläubiger einer Forderung, einen Gegenstand, der sich in seinem Besitz befindet, bis zur Begleichung der offenen Forderung zurückzuhalten (Art. 2286 Code Civil, früher Art. 2082 CC).

VI. Garantie à première demande Garantie auf erstes Anfordern

Die Garantie auf erstes Anfordern beinhaltet die Übernahme einer Verpflichtung, eine bestimmte Summe Geldes auf erstes Anfordern an den Berechtigten auszubezahlen. Die Garantie hat zwischenzeitlich durch die Reform aus dem Jahre 2006 eine gesetzliche Regelung gefunden, die sich in den Art. 2321 Code Civil findet.

Art. 2321 Code Civil lautet in deutscher Übersetzung:

Die autonome Garantie ist die Vereinbarung, durch die sich ein Garant verpflichtet, auf der Grundlage der Verpflichtung, die ein Dritter eingegangen ist, einen Betrag auf entweder erstes Anfordern oder nach Maßgabe vereinbarter Modalitäten zu zahlen.

Der Garant ist im Falle des offenkundigen Missbrauches oder Betruges des Begünstigten oder seines Zusammenwirkens mit dem Auftraggeber nicht verpflichtet.

Der Garant kann sich auf keinen Einwand in Bezug auf die Verpflichtung erheben.

Vorbehaltlich einer gegenteiligen Vereinbarung folgt diese Sicherheit nicht der garantierten Forderung.

VII. Diverse Garantien

Es soll nach verschiedentlich vertretener Auffassung möglich sein, daß sich Gläubiger und Schuldner dahin einigen, daß das Vermögen des Schuldners in bezug auf bestimmte Vermögensgegenstände nicht haftet und damit bestimmten Gläubigern praktisch exklusiv zur Verfügung steht. Daneben besteht die Möglichkeit, Forderungen zu versichern, Patronatserklärungen abzugeben etc.

Art. 2322 Code Civil regelt nunmehr die Absichtserklärung (Lettre d´intention). Gemäß Art. 2322 Code Civil ist die Absichtserklärung ein Engagement etwas zu tun oder zu unterlassen, die die Unterstützung eines Schuldners bei der Erfüllung seiner Verbindlichkeiten gegenüber dem Gläubiger zum Gegenstand hat.

La lettre d’intention est l’engagement de faire ou de ne pas faire ayant pour objet le soutien apporté à un débiteur dans l’exécution de son obligation envers son créancier.

VIII. Sicherungsabtretung

Die Zession von Rechten und Forderungen ist in den Art. 1689 ff. CC geregelt. Handelt es sich um eine Abtretung mit Auslandsbezug, ist das Recht maßgebend, das nach dem Römischen Übereinkommen auf den Vertrag zwischen Zedent und Zessionar Anwendung findet. Maßgeblich ist, wer die vertragscharakteristische Leistung erbringt. Das Recht, dem die übertragene Forderung unterliegt, bestimmt über ihre Übertragbarkeit, das Verhältnis zwischen Zessionar und Schuldner, die Voraussetzungen, unter denen die Übertragung dem Schuldner entgegengehalten werden kann, und die befreiende Wirkung einer Leistung durch den Schuldner.

Inter partes wirkt die Abtretung mit Vertragsschluß, nach außen erst ab förmlicher Zustellung der Mitteilung über die Abtretung an den Schuldner (Art. 1690 CC). Fehlt es an der Anzeige, kann sie nur durch eine notarielle Vereinbarung mit dem Schuldner ersetzt werden. Zahlt der Schuldner vor Zustellung der Abtretungsanzeige an den Zedenten, wird er frei (Art. 1691 CC). Mit der Forderung werden die Sicherungsrechte, wie Bürgschaft, Privileg und Hypothek mit übertragen (Art. 1692 CC).

Das Gesetz Nr. 81-1 vom 9. September 1981 (Borderau Dailly) hat eine besondere Form der Forderungsabtretung eingeführt, die es Kaufleuten unter vereinfachten Bedingungen ermöglicht, sich zu refinanzieren. Das Gesetz ist dogmatisch deshalb von Interesse, weil es die Sicherungsabtretung anerkennt. Art. 1-1 Gesetz Nr. 81-1 bestimmt ausdrücklich, daß das Kreditinstitut die Forderungen auch dann erwirbt, wenn die Zession zur Besicherung von Verbindlichkeiten ohne Zahlung eines Kaufpreises erfolgt.

Hinweis:

Sicherungsabtretungen sind nur konkursfest, wenn sie ein “sicheres” Datum tragen. Ein sicheres Datum tragen notarielle Verträge oder ggf. ein “borderau Dailly”. Privatschriftliche Vereinbarungen sind tendenziell ungeeignet, konkursfeste Sicherungsabtretungen zu begründen.

IX. Garantien der COFACE

Es handelt sich um Garantien der ”Compagnie francaise d´assurance pour le commerce extérieur”, die Garantien für Rechnung des französischen Staates ausreicht. Sie sollen vor allem Exportrisiken decken.

X. Ergänzende Informationen

Durch die Reform des Code Civil im Jahre 2008 hat sich das französische Verjährungsrecht geändert. Gemäß Art. 2224 Code Civil verjähren Ansprüche aus Schuldverhältnissen und in Bezug auf bewegliche Sachen nunmehr in fünf Jahren beginnend mit dem Tag, an dem der Rechtsinhaber die Umstände kannte oder kennen musste, die ihn berechtigen, es zu verfolgen. Die fünfjährige Verjährung ist nunmehr die Regelverjährung. Für Ansprüche aus unerlaubten Handlungen gilt eine zehnjährige Verjährung (Art. 2226 Code Civil). Der Code de la Consommation sieht kürze Verjährungsfristen für Verbrauchergeschäfte vor (vgl. Art. L-137-2 Code de la Consommation). Die kurze Verjährungsfrist beträgt zwei Jahre. Auch für kaufmännische Geschäfte gilt nunmehr eine fünfjährige Verjährung (Art. L-110-4 Code de Commerce), während sie früher zehn Jahre betrug.

Das neue französische Verjährungsrecht wurde von Brenner/Lécuyer, La réforme de la prescription, JCP (E) 2009, art. n° 1169 besprochen.

 

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